Haushaltsrede der Freien Wähler 2019

Freie Wähler – Dietmar Bitzenhofer – 05.02.2019

 

Haushaltsrede zu den Haushaltentwürfen 2019

 

„Sehr geehrter Herr BM Riedmann, verehrte Amtsleiter und Mitarbeiter der Verwaltung, werte Kolleginnen und Kollegen des GR, geschätzte anwesende Zuhörer,

der/bzw. die Haushalte beinhalten nicht wenige Investitionen oder Planungskosten, die über das Jahr 2019 hinausgehen und hoffentlich für eine erfolgreiche Zukunft Markdorfs  stehen. Deshalb möchte(n) ich/wir diese Haushaltsrede vordergründig unter dem Gesichtspunkt  „Markdorf fit für das/die nächsten Jahrzehnt(e) -?!  und weniger anhand der aufgelisteten Zahlen und Euro-Beträge angehen. Meine Vorredner(innen) haben dieses bereits umfassend in aller Klarheit getan. Zielerreichung, operative oder/und strategische Wirkung der HH-Ansätze kommen bei der jetzigen Auslegung eher zur Sprache.

Zuvor gestatten sie mir dennoch einige Vorbemerkungen. Durch den „heißen“ Dezember 2018 war es lange nicht möglich, den heute vorliegenden HH-Entwurf 2019 der „Städt. Verwaltung“ vorzulegen. Dass dieses dennoch, zwar etwas verzögert, aber in der uns perfekten Vorlage gewährleistet werden konnte, ist nach dem im Spätsommer erfolgten Wechsel in der Führung der Kämmerei von Herrn Habnitt zu Herrn Ließner nicht selbstverständlich. Lückenlos und professionell sind Adjektive, die hierbei ohne Einschränkungen gebraucht werden dürfen. Dank hierfür ihnen (Herr Ließner), aber auch dem gesamten Team, das – und da sind wir uns ebenso sicher, ebenfalls für diese HH-Pläne verantwortlich sind.

Zum Städtischen- Haushaltsentwurf 2019

Die in einem ersten Entwurf ursprünglich magere Zuführungsrate vom VWHH zum VMHH hat sich letztendlich deutlich erhöht. Diese Erhöhung ist im Kern der noch im Dezember bei der Verabschiedung des Kreishaushaltes gesenkten Kreisumlage um 1,5 Punkte geschuldet. Wir bezeichnen sie dennoch nur als ausreichend,  hauptsächlich auf Grund der Tatsache, die uns die Betrachtung der Investitionen der kommenden Jahre geben. Trotz hervorragender Wirtschafts-lage und dadurch guten Erträgen bei Gewerbe-steuer, beim Anteil an der EK-Steuer und anderen weiteren Positionen auf der Einnahmenseite, trägt dieser Betrag nur bedingt der Erhöhung der Rücklagen oder der Investitionen im VMHH bei. Oder anders ausgedrückt, die Zuführung macht nur wenige Prozent der Investitionen des Vermögenshaushaltes aus. Hinzu kommt die Erfahrung aus vergangenen Jahren, die uns lehrte, dass auf der Ausgabenseite im VWHH generell nur wenig Spielraum für Reduzierungen bleibt. Sie sind i.d.R. wenig elastisch und meist starr.

Die Folge niedriger Zuführungsrate wird sein, dass wir den Eigenfinanzierungsanteil zukünftiger Investitionen reduzieren müssen. Mitunterdurch eine Finanzierung über Bankkredite. Viele Jahre sind wir ohne Darlehensaufnahmen ausgekommen und haben unsere Pro-Kopf-Verschuldung auf einen niedrigen Betrag von 285,- (ohne Eigenbetriebe) reduziert. Der Blick auf den Stand der Verschuldung sollte jedoch nicht vorderstes Kriterium für zukünftige Investitionen sein. Entscheidend hierfür ist für uns die Tatsache, was damit geschaffen, was damit verwirklicht oder angestrebt wird. Sei es im städtebaulichen, im sozialen, im infrastrukturellen oder im kulturellen Bereich. Diese Aufzählung könnte durchaus noch erweitert werden. Die „Rendite“, nicht im Sinne von Kapitalerträgen, sondern „Rendite“ als nachhaltige Investition in die Zukunft, ist als vorrangiges Kriterium zu sehen.

Mit unserer derzeitigen Haushaltslage sind wir absolut für die Zukunft gewappnet.

Wir befinden uns finanziell auf festem Kurs. Die Liquidität für geplante Investitionen ist gut.

Nun zu der angekündigten vorausschauenden Betrachtung. Was braucht Markdorf, um für die nächsten Jahre/Jahrzehnte erfolgreich aufgestellt zu sein? Fünf Bereiche haben wir hierzu herausgegriffen.

Das Gewerbe –

Ein Großteil der Einnahmen resultiert aus der Gewerbesteuer und dem Anteil aus der Einkommensteuer. Beträge, die direkt und indirekt mit der allgemeinen Wirtschaftskraft aber ganz besonders der örtlichen Unternehmerleistungen zu tun haben. Diese gilt es im Rahmen unserer Möglichkeiten vor Ort zu stärken. Mit der Fertigstellung von Riedwiesen IV und Eisenbahnstraße gehen wir einen weiteren Schritt voran. Wenn auch nur einen kleinen und leider aufgrund fehlender erschlossener Flächen, auch den letzten. Das heißt von unserer Warte ausgesehen, entsprechend restriktiv damit umzugehen. Unsere entsprechenden. Vorstellungen haben wir, die FW, bereits in der letztjährigen HH-Rede skizziert. Mittelfristig gilt es folglich, Überlegung für die weitere Ausweisung von Gewerbeflächen anzustellen.

Voraussetzungen für erfolgreich  agierende Gewerbebetriebe sind leistungsfähige Infra-strukturen verschiedenster Art. Welche Defizite, aber auch welche Begünstigungen wir hierfür in Markdorf haben, zeigt uns einen Blick auf das letzte IHK-Gutachten. Wir erinnern an die Vorstellung dessen (bei Wagner Spritztechnik) im vergangenen Jahr durch Herrn Jany.

Digitalisierung und eine  gute verkehrliche Anbindungen stehen mit an vorderster Stelle. Mit dem Beitritt in den „Zweckverband Glasfaser- oder Breitbandversorgung“ sind wir auf dem richtigen Weg. Zum Thema Straße/Verkehr später.

Zur entsprechenden Infrastruktur gehört ferner der Bereich Wohnraumschaffung, -angebot. Und damit bin ich bei

Punkt 2 – Wohnungsbau, Ausweisung von Wohnbaufläche, Verdichtung

Es wird in naher Zukunft immer schwieriger werden, gut ausgebildetes Personal – egal für welche Branche – zu gewinnen, wenn nicht (und das Stichwort ist schon gefallen) der „Daseinsfürsorge Wohnen“ nicht Rechnung getragen wird. Hier bedarf es der dazu notwen-digen Ressourcen, aber nicht nur der Ressourcen, sondern ebenso der entsprechenden Akteure. Derer können sein, Privatpersonen, Investoren und auch die Kommunen.  Wir hoffen mit unserem Anstoß für eine „Kommunale Wohnbaugesellschaft“ Erfolg zu haben und bezüglich Wohnungsbedarfs, -not zukünftig mit  zur Verbesserung beitragen zu können. Auch im Zusammenhang mit dem Thema „Sozialer Wohnungsbau“. Kein Neuland oder weißer Fleck bei uns hier in Markdorf. Da sind wir gut aufgestellt, was nicht heißt, dass es noch besser geht.Die letzten, derzeit erschlossenen Grundstücke sind vergeben. Weitere sind angedacht oder in Planung und bedürfen der baldigen, aber auch der entsprechend sensiblen Erschließung. Hierzu sagen wir klar und deutlich. Die Schaffung und das zur Verfügung stellen von Baugrundstücken von 800 und mehr Quadratmetern für Einfamilien-häuser ist nicht Aufgabe einer Kommune. Wer dieses realisiert haben möchte, der sollte sich auf dem privaten Markt umsehen. Unser Ansinnen muss es sein, für eine breite Bevölkerungsschicht finanzierbaren und leistbaren Baugrund zu ermöglichen.

Punkt 3 – Bildung, Erziehung, Soziales

Was den Bereich Bildung und Erziehung anbelangt, war Markdorf immer aktiv. Zug um Zug wird verbessert, ausgebaut oder gebaut. Die Anstrengungen der Stadt diesbezüglich sind vorbildlich. In der U-3-Betreuung findet dies ebenso, wie auch in der  Ü-3-Betreuung entsprechend der Notwendigkeit und der Umsetzungsmöglichkeit ihre Fortsetzung. Der vorgezogene KIGaBau im Süden unserer Stadt war und ist ein guter Entschluss und wir alle sind auf die Verwirklichung im Rahmen von „Planen & Bauen“, mit zugesichertem Kostenrahmen und Termin einhaltender Fertigstellung, gespannt. Für uns Neuland, eine neue Herangehensweise, die Erfolg haben mag, um auch für zukünftige Pro-jekte übernommen werden zu können und die auch für eine Entlastung unseres Bauamtes beitragen könnte. Das kann man den Damen und Herren dort nur wünschen.

Die Planungen und eine erste Kostenschätzung für die Jakob Gretser-Schule liegen vor. Insgesamt  viele Millionen.  Die baulichen Voraussetzungen bedürfen zweifelsohne einer Erneuerung und sind mit dem pädagogischen Konzept der Schulver-antwortlichen derzeit nicht zu verwirklichen. Die veranschlagte Summe, der Ablauf der Sanierung, die Bauzeit und die lange Ausquartierung haben uns aber erstmal inne halten lassen. Dieses Thema wird uns noch fordern und intensiv beschäftigen.

Mit dem Waldkindergarten, nicht mit dem Kindergarten am/im Wald, gehen wir neue Wege im Bereich der Kinderbetreuung. Eine Heraus-forderung für die Kinder und für das Personal. Wir sind gespannt.

Unser Pflege- und Seniorenheim war die letzten beiden Jahre wiederkehrendes Thema im Rat. Ein Thema, das bundesweit durch den Mangel an Pflegekräften beschäftigt, darüber hinaus aber bei uns durch diverse Umstände und Probleme ergänzenden zusätzlichen Diskussionsbedarf bedingte. Mit der Aufarbeitungsphase durch Herrn Wiehler und der jetzigen Betreuung durch Herrn Lang hoffen wir wieder in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen. Wir wünschen ihnen Herrn Lang hierzu viel Erfolg. Erste Veränderungen haben sie begonnen und scheinen auf gutem Wege. Ziel muss es sein, den derzeitigen Abmangel von über 350 Tsd. Euro zu reduzieren. Dieser Betrag darf auf Dauer den „Städt. Haushalt“ nicht belasten.

 

Punkt 4 – Stadtentwicklung, -erneuerung

Die, in einem ersten Schritt geplante Innenstadt-entwicklung, Rathaus ins Bischofschloss, wurde gestoppt. Entgegen den Vorstellungen einer Mehrheit dieses Gremiums. Ärgerlich, wenn man weiß, auf wie viele Zuschüsse wir verzichten müssen und auch unbefriedigend, wenn man bedenkt, dass bis 2023, dem Fristende der Fördermaßnahme „Sanierungsgebiet Rathausareal und Altstadt“ (Abrechnungsende), bedingt durch den zeitlich engen Korridor, nicht sehr viel geschehen kann und wahrscheinlich auch geschehen wird. Ohne Nachkatern zu wollen. Die Innenstadtentwicklung hat insgesamt dadurch verloren und wird nur beschränkt in Angriff genommen werden können. Parkraumbewirtschaftung, Blaue Zone. Der  Anfang wurde gemacht und hat für die Besucher und Gäste unserer Stadt sicherlich Vorteile gebracht. Der auswärtige und in der Kernstadt beschäftigte Arbeitnehmer, der mit dem Kfz anfahren muss oder auch nur will, ist noch nicht so richtig überzeugt und zufrieden. Dieses gilt unisono für die Anwohnern der angrenzenden Straßen und Wohngebiete der Kernstadt. Die Überprüfung, evtl. Justierung nach Einführung und entsprechender Erfahrung wurde versprochen. Dies gilt es in den nächsten Monaten einzulösen.

Im letzten Jahr haben wir den Antrag für die Auf-stellung weiterer Fahrradständer für den Bereich der Innenstadt  gestellt. Wir gingen von einer zeitnahen Ausführung aus. Wenn nach einem Jahr keine Umsetzung getätigt wurde, dann ist das unbefriedigend. Nicht nur für den Antragsteller. Unbefriedigend ist für uns ebenso manch in Erwägung gezogenes oder angedachtes Provisorium, egal ob Bahnüberführung für Fußgänger am Bahnhof, oder der westlich davon angedachte PKW-Abstellplatz. Lasst uns etwas „Gutes“ machen, für Provisorien sind diese Gelder schlecht angelegt. Die beabsichtigte Idee ist gut, auch die damit anvisierte Erweiterung der Bahnhofstrasse zur „Blauen Zone“. Wir meinen, für diese Summe erhalten wir auch ein Parkdeck in Stahlbauweise, das bei weiterem Bedarf sukzes-sive über dem jetzigen Parkplatz östlich des Bahnhofes erweitert werden könnte.  Nachhaltig-keit sollte auch bei solchen Ausgaben zum Credo werden.

 

Punkt 5 – Verkehr

Markdorf ist geteilt durch drei Zäsuren. Der Stadtgrabenstraße, der Bundesstraße und der Bahnlinie. Seit vielen Jahren wird versucht, Abhilfe zu schaffen. Es ist zu hoffen, dass es bald gelingen wird. „Shared Space“ (gemeinsam genutzter Raum)  am Latscheplatz und kleinem Kreisverkehr an der Kreuzungsstelle Bussenstraße/Stadtgrabenstraße haben die Zustimmung des GR. Hier macht ein provisorischer Versuch, ohne großen Invest in Baumaßnahmen, Sinn. Sinn im Sinne der Erprobung.

„Aufregerthema“ der letzten Monate schlechthin. Der Bahnübergang Gutenbergstraße. Die Nerven sind strapaziert. „Gut Ding braucht Weile“, so ein deutsches Sprichwort. „Druck machen“, leicht gesagt. Die verantwortlichen Personen bei Bahn scheinen es gelassener zu sehen. Mit unseren Verkehrsplanern haben wir eine umsetzbare und gute Lösung erarbeitet. Wir sind der Auffassung „Gut Ding braucht Eile“.

Last but noch least zur Bundesstraße B33

Mit dem Schieben der Planungskosten für die Ortsumfahrung Markdorf sind wir nicht glücklich. Unerwartet und überraschend für uns, dass die Kollegen der SPD unserem Antrag gefolgt sind und die anderen  Fraktionen und die Verwaltung, trotz einem positiven Bürgerentscheid, einer fertigen Planfeststellung, Zurückhaltung demonstrierten. Politische Signale sehen nach unserer Ein-schätzung anders aus. Zumal der Kreis, mit uns und dem Land für die Finanzierung verantwortlich, solche Mittel in ihren Haushalt eingestellt hat. Auch in Zeiten von E-Mobilität werden Straßen gebraucht werden. Es ist nicht nur der Lärm und Gestank der stört, es ist das überaus hohe KFZ und LKW-Aufkommen an sich. Eine Stadtentwicklung, aber auch eine innerstädtische Verkehrsplanung – auch in Bezug ÖPNV und Radwegenetz  ist hierdurch sehr eingeschränkt und nicht optimal auszuführen.

ÖPNV braucht entsprechend ausgebaute Halte- oder Endstellen. Was unseren Bahnhof betrifft, ein Trauerspiel. Viele Jahre schon unser Thema. Wir fragen uns, wie lange noch? Es wird Zeit, das Areal am Bahnhof endlich zielgerichtet anzugehen und dieses im Sinne eines Gesamtkonzeptes. Bahnunter- oder Überführung für Radfahrer und Fußgänger im Bereich des Bahnhofes und zusätzliche Parkflächen und letztendlich der Bahnhof selbst müssen als Ganzes gesehen werden. Provisorien sind wenig zielführend, dazu teuer und eine Vergeudung öffentlicher Mittel.

 

Uns allen, die wir hier versammelt sind, liegt Markdorf am Herzen. Was unserer Meinung hierfür getan werden muss und dass die Weichenstellungen durchaus in den Haushaltsentwürfen Niederschlag finden, haben wir versucht, ich als Vortragender, exemplarisch aufzuzeigen.

Die Fraktion der Freien Wähler dankt allen Mitgliedern des GR und der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit (auch bei manchmal unterschiedlicher Auffassung) und stimmt den Haushaltsentwürfen 2019 zu.

 

 


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